Zahnärztin verliert zwei geliebte Menschen und wird beklaut (2024)

Die Rottweiler Zahnärztin Houma Kustermann hat wieder neuen Mut gefasst. Das war schwer, denn sie musste im letzten halben Jahr nicht nur den Tod des kleinen Daniel aus Kamerun verkraften, sondern auch den Tod ihres Partners Jürgen Reiter, der die Spendenaktion und die Hilfsprojekte in Kamerun maßgeblich aufgebaut hat. Die Aktion und das Schicksal des krebskranken Jungen hat viele Menschen bewegt. Unterstützer gab es auch weit in den Kreis Tuttlingen hinein.

„Der Tod von Daniel am 19. November hat meinen Partner Jürgen Reiter und mich sehr getroffen. Daniel war in dem knappen Jahr, in dem er mit seinem Vater Salomon in Deutschland war, zu einem Teil unserer Familie geworden. Wir, und auch meine drei Söhne, hatten ihn sehr in unser Herz geschlossen.“

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Das große Mitgefühl der etwa 400 Menschen, die am 5. Dezember in der Rottweiler Predigerkirche an der Trauerfeier für Daniel teilgenommen haben, „war sehr tröstlich für uns. Auch die vielen Karten, die wir selber und die Eltern von Daniel bekommen haben, waren ein wirklicher Trost. Wir hatten dieses Maß an Hilfe und Engagement nicht erwartet.“

Reiter stirbt vor geplanter Reise

Nach Daniels Tod wollten Houma Kusterman und Jürgen Reiter eigentlich nach Kamerun fliegen, um Daniels Eltern und Familie von der Trauerfeier zu berichten und ihnen die vielen Trauerkarten persönlich zu übergeben.

„Wir wussten, dass dies auch für sie ein großer Trost sein würde. Wir wollten mit ihnen gemeinsam Daniels Grab besuchen und uns dort von ihm verabschieden“, sagt sie. Doch leider war das nicht möglich: „Jürgen ist am 8. Dezember selbst ins Krankenhaus eingeliefert worden. Er hat es bis zu seinem Tod am 12. Februar dieses Jahres nicht wieder verlassen können“, so Houma Kusterman.

Nach Jürgens Tod dachte ich erst: Alleine kann ich nicht weitermachen

Houma Kustermann

In den ersten Wochen nach dem Tod fühlte sich Houma Kustermann wie gelähmt. „Wir hatten gemeinsam noch viel vor. Das schien von einem auf den anderen Tag alles vorbei. Erst Ende April war ich in der Lage, nach Afrika zu fliegen.“ Hier konnte die Rottweiler Zahnärztin mit ihrer Familie, ihren Schwestern und Brüdern zusammen um Jürgen trauern und Daniels Eltern besuchen.

„Nach dem Tod von Jürgen war ich zuerst wie paralysiert“, erzählt Houma Kustermann und ergänzt: „Das Projekt in Afrika war längst zu unserem gemeinsamen Projekt geworden. Jürgen hat unglaublich viel Energie hineingesteckt. Er hatte mich überzeugt, die Berufsschule für Näherinnen und Näher weiterzuführen, nachdem meine Großmutter gestorben war. Von ihr hatte ich die Schule sozusagen geerbt.“

Davor hatte Hamami, der Verein, den Houma Kustermann gegründet hat, ausschließlich kostenlose Operationen für bedürftige Menschen mit Gesichtsfehlbildungen in Afrika veranstaltet.

Nähmaschinen aus der Region in Kamerun im Einsatz

Jürgen Reiter hat auch für die Berufsschule Spenden gesammelt: Insegsamt konnten 300 Nähmaschinen in Rottweil und Umgebung eingesammelt und nach Afrika verschifft werden. „Unsere Schüler in Meiganga haben ihn ihren ‚Ton Ton‘, also Onkel, genannt. Jürgen ist es gelungen, seine ganz eigene Beziehung zu ihnen aufzubauen“, erzählt die Rottweilerin.

Ihnen sei bewusst gewesen, dass die Schule - die den Schülerinnen und Schülern nicht nur eine Ausbildung ermöglicht, sondern auch die einzige sichere, warme Mahlzeit am Tag - nicht auf Dauer durch Spenden finanziert werden konnte. Deshalb wurde über eine weitere Einnahmequelle nachgedacht: „Zu einem kleinen Teil geschieht das nun über die Schuluniformen für andere Schulen, die dort genäht werden.“

Das reicht aber bei Weitem nicht: „Wir müssen Miete für die Räume zahlen, in denen gelernt und gearbeitet wird. Zusätzlich stellen wir einigen der Schülerinnen und Schüler ein Zimmer. Sie würden sonst in Zelten oder auf der Straße schlafen müssen. Außerdem brauchen wir Materialien und Verpflegung“, zählt Houma Kustermann auf.

Besonderer Lehmbau als zweites Standbein

Deshalb kam die Idee, mit den Ressourcen, die es in der Region gibt, zu arbeiten: Wachs, um Kerzen herzustellen und Ton, um kunsthandwerkliche Gefäße zu produzieren. Eine wirkliche Weiterentwicklung sollte das Projekt jedoch durch ein zweites Standbein der Berufsschule erfahren: „Wir hatten uns vorgenommen, Menschen in einer besonderen Form des Lehmbaus auszubilden, um ökologische Häuser bauen zu können, die den extremen Wetterbedingungen langfristig standhalten.“

Mit den erlernten Fähigkeiten sollten erst eigene Gebäude für die Schule gebaut werden, bevor nachhaltige und gesundheitsfördernde Wohnhäuser aus Lehm und Holz entstehen.

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„Nach Jürgens Tod dachte ich erst: Alleine kann ich nicht weitermachen. Auch wenn das Grundstück schon erworben war“, erinnert sich Houma Kustermann. Doch in den folgenden Wochen spürte sie, dass sie den Traum, Menschen in Meiganga eine nachhaltige Perspektive zu geben, weiterverfolgen möchte.

Kustermann macht weiter

Nach vielen schlaflosen Nächten und nach vielen Gesprächen hat sich Houma Kustermann inzwischen entschlossen, Hamami mit allen Facetten weiterzuführen. „Gemeinsam mit einem Architekten war ich in Meiganga. Wir haben festgestellt, dass der Boden wie auch der vorhandene Ton für die Lehmbau-Methode, die wir lehren wollen, geeignet sind und wir also die notwendigen Ressourcen zur Verfügung haben. Damit ist die wesentliche Grundlage vorhanden.

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Auch die Operationen in Afrika für bedürftige Menschen und die Fortbildung der einheimischen Ärztinnen sollen wieder stattfinden. Aber: Auch in Zukunft wird Houma Kustermann und der Verein Hamami auf vielfältige Unterstützung angewiesen sein. „Ich hoffe sehr, dass ich sie weiterhin erfahre.“

Unbekannte leeren Spendenkasse

Gerade jetzt, denn in der vergangenen Woche wurde in Kustermanns Praxis in der Rottweiler Marxstraße eingebrochen. Die Einbrecher hatten es offenbar auf die Spendenkasse von Hamami abgesehen. „Das ist so unglaublich, es waren auch Kondolenzkarten für Daniels Familie drin. Außerdem viel Geld, denn viele Menschen hatten mitbekommen, dass ich mit anderen Helfern von Hamami am 18. Mai mit wieder nach Kamerun fliege und dafür gespendet.“

Insgesamt sei es Geld für mindestens fünf Operationen an Kindern und die Ernährung von 35 Schülerinnen und Schülern unserer Schule für ein halbes Jahr gewesen. Damit, betont Houma Kustermann, wurde nicht nur der Verein beklaut, sondern all die Menschen, die hier Gutes tun wollten.

Wer mehr über den Verein und seine Arbeit wissen möchte, findet hierweitere Informationen.

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