Spanien: Mit neuen Edelhotels wird die Baleareninsel Mallorca zum Luxusziel - WELT (2024)

Vor gut sechs Jahrzehnten entdeckten die Deutschen ihre Liebe zu Mallorca. Die größte Baleareninsel war günstig und mit dem Flugzeug in zwei, drei Stunden erreichbar. Dass sie seitdem an Anziehungskraft nicht verloren hat, zeigen die zahlreichen Hoteleröffnungen der vorigen und der anstehenden Sommersaison. Eines hat sich allerdings grundsätzlich verändert: Unter den Neuzugängen im mallorquinischen Beherbergungsgewerbe dominiert der Luxus.

Nichts weniger als ein fundamentaler Wandel ist auf der Insel im Gang: weg von den preiswerten Familienunterkünften hin zu Edelhotels mit Preisen von 1000 Euro und mehr – pro Nacht, wohlgemerkt. Die Veränderung ist von den Politikern gewollt. „Mehr Klasse, weniger Masse“, so lautet seit Jahren ihre Forderung. Häuser der Vier- und Fünf-Sterne-Kategorie stellen mittlerweile 70 Prozent des Bettenangebots. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Anteil der beiden höchsten Klassen zusammen unter 40 Prozent (wobei die Kriterien für die Klassifizierung etwas anders sind als in Spanien).

Es ist eine bemerkenswerte Karriere für ein Reiseziel, das zu bereisen in den Anfängen des Massentourismus so günstig war, dass es als „Putzfraueninsel“ verspottet wurde. 2024 könnte das Jahr werden, in dem Mallorca in die Oberliga der internationalen Luxusdestinationen aufsteigt, auf Augenhöhe mit Saint-Tropez, Marbella, Monaco.

Auch wohlhabende Amerikaner gehören nun zur Zielgruppe. Es gibt Direktflüge von New York nach Palma. Amazon-Gründer Jeff Bezos kreuzte schon mit seiner Mega-Yacht vor der Inselhauptstadt, Michelle Obama war auch schon da. Der Eigentümer der karibischen Privatinsel Necker Island, der britische Milliardär Richard Branson, hat 2023 das Bergdorf Banyalbufar um ein Hotel bereichert – die Villen im „Son Bunyola“ kosten für eine Woche im August so viel wie ein Mittelklassewagen. Das zielt vor allem auf Gäste aus der Golf-Region, eine ebenfalls wachsende Klientel.

Auf Mallorca entsteht das teuerste Hotel in Spanien

Da wundert es nicht, dass der spannendste Neuzugang des laufenden Jahres, das von Grund auf renovierte „Hotel Formentor“ in Mallorcas windigem Nordwesten, laut spanischen Medien die teuerste Herberge des Landes sein wird, auch wenn sich die Hotelkette Four Seasons zu den Zimmerpreisen bisher vornehm ausschweigt. Das Haus wurde 1929 von dem Deutsch-Argentinier Adán Diehl eröffnet. Diehl versenkte darin sein Vermögen und musste vor seinen Gläubigern nach Frankreich fliehen. Doch die Liste seiner Gäste konnte sich sehen lassen: Charlie Chaplin, Winston Churchill und Peter Ustinov checkten hier ein. Die Reichen und Schönen suchten schon damals ein Plätzchen unter der balearischen Sonne.

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Zuletzt war das „Formentor“ in die Jahre gekommen. Auf einer Buchungswebsite warb man fragwürdig mit dem „Charme der 80er-Jahre“. Four Seasons will nun an die goldenen Zeiten anknüpfen. Der weiße Riegel auf baumbestandenem Grund bietet voraussichtlich ab August 108 Zimmer, vier Restaurants, einen großen Pool plus Hubschrauberlandeplatz.

Auf der entgegengesetzten Inselseite, in Porto Petro im Südosten, hat im Ultraluxus-Bereich im vergangenen Sommer die erste Niederlassung der griechischen Kette Ikos eröffnet. 319 Zimmer, Suiten und Bungalows stehen in dem familienfreundlichen Haus ab 450 Euro pro Nacht zur Verfügung (Mindestaufenthalt fünf Nächte). In diesem Jahr kommen weitere Zimmer dazu. Die schönsten Unterkünfte, vier Deluxe-Bungalow-Suites mit jeweils drei Schlafzimmern auf 160 Quadratmetern, eigenem Pool und Annehmlichkeiten wie Kofferauspackservice und Playstations für die Kinder kosten ab 2610 Euro pro Nacht, in der Hauptsaison bis zu 7000 Euro. Sie sind, verrät Direktor Dirk Smeets, fast durchweg ausgebucht.

Bei Ikos gibt es eine Rundumversorgung nach dem All-inclusive-Prinzip, zu der neben sechs Restaurants und 24-Stunden-Zimmerservice auch 20 Teslas gehören. Jeder Gast darf eines der E-Autos mindestens für eine Ausfahrt nutzen.

Überzeugend ist die Lage des Resorts an zwei kleinen Buchten oberhalb des Naturparks Mondragó. Man wird lange suchen müssen, um ein vergleichbar schön positioniertes Strandhotel zu finden: auf der einen Seite das Meer, auf der anderen das Dorf. Möglich wurde dies, weil Ikos einen bestehenden Bau kaufte und für 140 Millionen Euro renovierte. Er gehörte einst zu Club Med, zuletzt zur Hotelkette Blau. Eine so große Anlage unmittelbar am Strand neu zu errichten, das wäre heute wegen der viel strengeren Gesetze unmöglich.

Ungewöhnlich auch die Idee, zwei Restaurants aus der Umgebung ohne zusätzliche Kosten in das All-inclusive-Programm zu integrieren, eines in Porto Petro, fünf Minuten zu Fuß entfernt, das andere im Nachbarort Cala d’ Or. Der Tisch wird über das Hotel reserviert. So bekommen die Gäste neben den Teslas einen weiteren Grund, ab und zu das weitläufige Resort zu verlassen.

Mit der saudischen Königsfamilie am Strand

Ziemlich sensationell ist auch die Lage des neuen „The Donna Portals“ 15 Autominuten westlich von Palma in Portals Nous. Die deutsche Eigentümerfamilie hat sich entschieden, das ehemals zu Iberostar gehörende Fünfsternehaus selbst zu betreiben (seit April 2024). Tochter Maximiliane Bauer – sie zog mit ihren Eltern als Elfjährige auf die Insel – managt es zusammen mit der bisherigen Direktorin Mónica Munar.

Die Gastronomie liegt in der Hand der Five-Senses-Gruppe, die in Palma unter anderem die Restaurants „Merchants“ und „Wineing“ betreibt. Ein großer Spa-Bereich gehört dazu. Der schlanke, weiße Hotelturm ragt direkt an der Cala Portals Nous empor. Keine zehn Schritte sind es von der Hotelterrasse zum Strand, den man sich im August mit den Angehörigen der saudischen Königsfamilie teilen muss. Sie besitzt auf der linken Seite der Bucht ein Anwesen.

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Auch „The Donna Portals“ ist ein Bestandsbau. Das Haus von 1968 wurde von dem niederländischen Designer Marcel Wanders grundlegend umgestaltet. Überall hängt Kunst. Maxi Bauer hat die Zahl der Zimmer auf 64 reduziert (ab 240 Euro) und setzt behutsam ihre Vorstellungen um. Ein großes, blaues Auge vor den Waschtischen erinnert in den Zimmern daran, dass man den Blick auch auf das spektakuläre Meer richten sollte.

Es gibt „Themensuiten“ etwa für Sternbeobachter (mit großem Teleskop) oder Spa-Liebhaber (mit eigener Sauna). Einmalig, zumindest in der Luxuskategorie, sind die beiden „Naughty Suites“ mit kreisrundem Bett unter großem Deckenspiegel und einer Stange für Pole Dancing. Falls es dabei lauter zugehen sollte: Die beiden Suiten liegen abseits am Ende des Ganges neben den Serviceräumen.

Finca-Urlaub mit Pool und Restaurant

Ein weiterer nennenswerter Hotelzugang in der Top-Liga ist das für die zweite Jahreshälfte angekündigte „Mandarin Oriental Punta Negra“ mit 131 Zimmern und Suiten (Preise noch unbekannt). Die in Hongkong beheimatete Kette renoviert dafür gerade das ehemalige Viersternehotel „H10 Punta Negra“ zwischen Portals Nous und Son Caliu.

Bei Sa Pobla, eine Viertelstunde mit dem Auto von Pollença entfernt, bietet ab Juni die von den Schwestern María und Antonia Plomer geführte private Hotelgruppe Zafiro ein neues Landhotel. Das „Son Sabater“ in einem Gut aus dem 16. Jahrhundert ist klein, aber fein mit zwölf Zimmern und drei Suiten (ab 400 Euro). Es liegt am Rande eines Eichenwaldes in einem malerischen Garten. Geboten wird Finca-Urlaub im ruhigen Hinterland, aber mit Pool und Restaurant.

Selbst Palma hat noch Platz für Neues. In der Altstadt sorgt seit Herbst 2023 ein Ableger der Stockholmer Nobis-Hotels für mediterranes Lebensgefühl mit schwedischem Touch. Der Innenhof des alten Stadtpalasts ist wunderschön, die Zimmer sind allerdings teilweise etwas dunkel (ab 430 Euro). Das Restaurant bietet die in Spanien üblichen günstigen Mittagsmenüs auch externen Gästen an.

Viele Hotels mit drei oder vier Sternen renoviert

Die gute Nachricht für Mallorca-Fans, die sich Superluxus nicht leisten können oder wollen: Auch viele beliebte Ferienhotels mit drei oder vier Sternen haben sich im Winter auf Vordermann gebracht. Diese Qualitätsoffensive war notwendig, weil die Hotelpreise auf Mallorca über alle Klassen hinweg deutlich gestiegen sind. Höhere Kosten, aber auch die große Nachfrage in den vergangenen drei Jahren haben dazu laut Spanischem Fremdenverkehrsamt beigetragen.

So wurde im Badeort Sa Coma das populäre „Sa Coma Playa“ mit vier Sternen umfangreich renoviert (ab 125 Euro). Im benachbarten Cala Millor eröffnet im Juni das Strandhotel „Flamenco“ nach großem Umbau neu (ab 190 Euro). In Ballermann-Nähe an der Playa de Palma haben die Universal Beach Hotels das aus den 1950er-Jahren stammende „Hotel Neptuno“ für rund sechs Millionen Euro in die Jetztzeit geholt (ab 220 Euro).

Dass man moderne Boutique-Hotels nicht nur in Palma, sondern auch in einem Städtchen an der Ostküste eröffnen kann, beweisen in Artà die beiden „Yartan“-Häuser, geführt von dem Deutschen René von Berg und einem ortsansässigen Hotelier. „Yartan“ ist der alte maurische Name von Artà. Das erste Haus, seit fünf Jahren im Betrieb, befindet sich in der von hohen Mauern geschützten Residenz des früheren Dorfarztes. Das zweite, seit April 2024 offen, zog ein paar Schritte weiter in eine ehemalige Bank. Im Erdgeschoss hängen vor den Fenstern noch die Eisengitter aus der Zeit, als die Dorfbewohner hier mit ihren Sparbüchern aufkreuzten.

Die jeweils ein Dutzend Zimmer sind mit viel Geschmack im Landhausstil gehalten. Viel Weiß, viel Holz, Leinen, grober Stein. Ein Weinkeller, hübsche Innenhöfe, ein Dampfbad, ein Restaurant und eine Kunstgalerie gehören dazu. Die Hotelbar funktioniert auf Vertrauensbasis. Man nimmt, was man trinken will, und trägt den Abgang in eine Kladde ein. „Die offene Bar ist ein Grund, warum wir ein Haus nur für Erwachsene sind“, sagt Direktor von Berg. „Würde ein Zwölfjähriger mit einer Bierflasche abhauen, könnten wir schließen.“

Übernachtungspreise ab 160 Euro wirken für diese gemütlichen Unterkünfte mitten im Städtchen sehr fair. Klasse statt Masse, so ist an diesen Beispielen zu erkennen, muss nicht automatisch sehr teuer sein.

Tipps und Informationen:

Anreise: Mallorca wird von allen größeren deutschen Flughäfen nonstop angeflogen, zum Teil mehrmals täglich.

Neue Hotels: „Four Seasons Resort Mallorca at Formentor“, Eröffnung im August 2024 geplant, Preise bisher nicht veröffentlicht, fourseasons.com; „Ikos Porto Petro, Doppelzimmer ab 450 Euro, ikosresorts.com; „The Donna Portals“, Doppelzimmer ab 240 Euro, thedonnaportals.com; „Son Bunyola“, Doppelzimmer ab 650 Euro, virginlimitededition.com; „Mandarin Oriental Punta Negra“, Eröffnung für zweite Hälfte 2024 geplant, Preise bislang nicht bekannt, mandarinoriental.com; „Son Sabater“, Doppelzimmer ab 400 Euro, zafirohotels.com; „Nobis Hotel Palma“, Doppelzimmer ab 430 Euro, nobis.se; „Sa Coma Playa“, Doppelzimmer ab 125 Euro, protur-hotels.com; „Hiphotels Flamenco“, Doppelzimmer ab 190 euro, hipotels.com; „Universal Neptuno“, Adult-only-Hotel, Doppelzimmer ab 220 Euro, universalbeachhotels.com; „Yartan Boutique Hotel“ und „Juz de Yartan“, Doppelzimmer ab 160 Euro, yartanhotels.com.

Weitere Infos: illesbalears.travel/de/mallorca

Der Autor kennt die Hotelbranche Mallorcas seit gut 30 Jahren. Auf Instagram ist er zu finden unter @mallorcaquarterly.